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Fiktive Welten

Eine neue ästhetische Selbst-Verortung vollzieht Sabine Schneider  in ihrer Werkreihe „Fiktive Welten“ von 2016 durch Eingriffe in Landkarten, wie sie den Schulkindern einmal die Welt vor Augen stellten. Die messtechnische Identität bildhafter maßstäblicher Realitätsdefinition ist immer auch die Unwirklichkeit der sinnlichen Präsenz dieser Bilder als eigener Realität gegenüber der von ihnen markierten, wie sie unmittelbar zugänglich wäre. In ihren Erweiterungen spiegelt Sabine Schneider die kartographierte Welt als eine zugleich verrückte, fiktive Welt, als Gegen-Bilder sinnlicher Selbstbehauptung. Damit stellt sie auch die historisch-politischen Grenzziehungen in Frage, die in Zeiten weltweiter Migrationen neu gedacht werden müssen. Die Vernetzung, die sich durch dieses Verfahren realisiert, bezieht das Wechselspiel von imaginärer und realer Welterfahrung mit ein, schafft Korrespondenzen über die Brüche und Sprünge fragmentierter Ereignisse hinweg.

Wolfgang Siano, Kunsthistoriker, 2017