Journal

In Dialogen

Text für die Ausstellung „Colour is Life“, European Commission, London, 2008

Das Licht erscheint an seinen Brechungen, den Reflexionen der Welt in unserer jeweiligen Wahrnehmung. Die Geschichte der Malerei erzählt die Erfahrungsweisen dieser Brechungen immer wieder neu, als Vergegen-wärtigung transzendenter Sphären, als metaphorischer Ausdruck von Gedanken oder als Darstellung gegenständlicher Wirklichkeit.

Sabine Schneiders Bilder bewahren die Erinnerung an diese verschiedenen Erscheinungsformen malerischer Empfindung. In ihnen kommt nicht nur die materiale Festigkeit der Farbe zur Darstellung, sondern auch ihre Verflüssigungen und Durchlässigkeiten bis hin zur Immaterialität der Poesie von Farbklängen. Diese Farbklänge reflektieren die Magie bildnerischer Erzählungen und den sinnlichen Bann immaterieller Vorstellungen und Welten.

Sabine Schneiders Bilder inszenieren solche Erzählungen von den Grenzen der Farbe her. Die Dramaturgie ihrer räumlichen Dynamik ist aus elementaren Kontrasten und Korrelationen entwickelt. Sie rühren an Räume, in denen die Farbe sich in der Helligkeit selbst zu überstrahlen scheint oder sich im Dunklen auszulöschen droht. So werden wir – wie in den ‚Aquanauten‘ oder in ‚Bathygraphisch‘ – auf die unzugänglichen Regionen der abgründigen Tiefen hin ausgerichtet oder – wie im ‚Geteilten Himmel‘ – auf die Weiten sphärischer Unendlichkeit.

Die barocke Freiheit perspektivischer Transzendenz wird aus der Dynamik farbeigener Perspektivität rekonstruiert. Dieser Prozess des Ineinandergreifens von Konkretion und Abstraktion, von materialem Farbkörper und abbildlicher Körperlichkeit eröffnet Räume, die immer weiter gedacht werden können, in einem Dialog von Grenzen und Entgrenzungen.

Diese Dynamisierung der farbeigenen Perspektivität transzendiert schließlich den Vorstellungsraum selbst. Die Kontraste verselbständigen sich gegeneinander und steigern so die Komplexität der Farbräume. Sabine Schneider nennt ihre neuen Bilder ‚Dialog‘. Sie denkt dabei an eine Folge von Dialogen, “zwischen den Farben, zwischen den Farben und mir und zwischen dem Motiv, den Farben und mir” , und sie fordert den Betrachter dazu auf, in diese Folge von Dialogen selbst mit einzutreten.

Wolfgang Siano, Kunsthistoriker